[I] Ist es ein Vogel? Ist es ein Flugzeug? Nein, es ist Weltraumschrott!
[I] Musk hat bei seiner Übernahme Twitters MitarbeiterInnen die Möglichkeit ins Homeoffice zu gehen genommen. Ist jetzt etwas blöd gelaufen, weil jetzt trotzdem einige ins Homeoffice müssen, weil Twitter die Büromiete nicht gezahlt hat.
[I] Ich habe gestern was über Dopamin gelernt was ich echt hilfreich finde.
Die Dopaminversorgung verläuft in Kurven. Wir haben einen Durchschnittswert und Spitzen.
Da man Dopamin für Dinge wie Motivation, Bewegung und Konzentration benötigt fallen uns Aufgaben während der Spitzen leichter.
Deshalb verbinden wir häufig unangenehme Aufgaben mit Aktivitäten, die Dopamin ausstoßen. Zum Beispiel beim aufräumen Musik hören. Beim lernen essen oder auf dem Laufband nebenbei eine Serie schauen.
Manchmal machen wir viele dieser vermeintlichen Hilfen auf einmal um die Spitze möglichst hoch zu kriegen.
Daraus ergeben sich aber 2 Probleme:
1. Desto höher die Spitze, desto höher ist auch der Abfall. Und der Dopaminwert fällt nicht auf das Grundniveau herab, sondern unter das Grundniveau. Mit der Zeit führt das dazu, dass das Grundniveau sinkt und es schwerer wird sich zu motivieren.
2. Dadurch, dass es schwerer wird brauchen wir mehr Begleitaktivitäten als Hilfe.
Im schlimmsten Fall ergeben sich daraus Muster, die man z.B. von Suchterkrankungen kennt. Anfangs kifft oder trinkt Ihr vielleicht nur um z.B. das Essen oder die Party noch besser zu machen bis ihr irgendwann da seid, dass euch das Essen oder die Party ohne Konsum keinen Spaß mehr machen und schließlich bis ihr beides nicht mehr aufsucht.
Es geht aber nicht nur um Begleitverhalten. Es geht auch beispielsweise um Belohnungssysteme. Beispielsweise gab es eine Studie mit Kindern, die von sich aus gerne und häufig gemalt haben. Diesen hat man nach und nach für das Malen von Bildern Belohnungen gegeben um eine Dopaminausschüttung zu bewirken. Das Ergebnis: Die Kinder hatten zunehmend keinen Spaß mehr am Malen, sondern gaben an nur noch auf die Belohnung aus zu sein. Wendet das Beispiel mal z.B. auf euren Job an.
Aber so groß muss man dabei gar nicht denken. Auch bei Dingen wie Sport motivieren wir uns häufig durch die Vorstellung, dass wir ein Ziel vor Augen haben wie wir dann irgendwann mal aussehen werden um uns durch den Sport durch zu quälen. Oder auch in Beziehungen zu anderen Menschen tun wir vielleicht Dinge, die wir eigentlich nicht gerne machen in der Erwartung dafür etwas besseres zurück zu kriegen.
All diese Dinge führen dazu, dass unser Dopamin Grundwert immer weiter sinkt bis wir irgendwann traurig und demotiviert, den ganzen Tag im Bett liegen und Serien schauen. Das gute ist aber, dass man den Dopamingrundwert wieder dauerhaft erhöhen kann. Der Trick ist es bewusst auf Dopaminerzeugende Dinge zu verzichten bzw. immer nur eins auf einmal zu machen. Euer Hirn benötigt Dopamin, es wird welches produzieren. Ihr müsst es aber wieder darauf konditionieren das an den richtigen Stellen zu tun.
Wenn Ihr das nächste mal putzt lasst die Musik aus, gönnt euch danach keine Belohnung und sagt euch stattdessen lieber während des Putzens die Vorteile einer geputzten Wohnung: Ihr sorgt jetzt gerade für eine bessere Gesundheit, Ihr nehmt euch eine Auszeit von euren Mitmenschen, Ihr sorgt jetzt gerade dafür euch seltener zu ärgern, Ihr habt euch jetzt gerade motiviert an die Arbeit zu gehen, usw.
Wenn Ihr einen Film schaut, dann tut nur das. Benutzt nebenbei kein Smartphone, esst keine Chips, spielt nicht an euch rum. Wenn Ihr Sport macht, konzentriert euch darauf, dass Ihr eurem Körper in diesem Moment etwas gutes tut und nicht darauf, dass euch die Qual irgendwann mal irgendwas bringt.
Das wird nicht sofort einen Effekt haben. Anfangs werdet Ihr denken was das für Schwachsinn sein soll, weil euch der Sport z.B. ja nicht plötzlich Spaß macht, nur weil Ihr euch immer wieder sagt „Das macht Spaß“, aber mit der Zeit wird es besser. Probiert es aus. Es ist anstrengend, es zeigt euch unangenehme Abhängigkeiten auf, aber dauerhaft tut Ihr euch einen Gefallen.
[I] Musk hat Twitter nun tatsächlich übernommen. Das beunruhigt viele, wie ich finde, zurecht. Allerdings sind die Reaktionen ganz unterschiedlich. Während ein Teil der besorgten Menschen nun ankündigt Twitter zu verlassen und auf Mastodon sein Glück zu suchen, gibt es auch einen Teil der argumentiert, dass man die Seite nicht den rechten und marktliberalen überlassen dürfe.
Ich finde beide Argumentationen in Teilen nachvollziehbar, aber finde beide zu kurz gedacht. Aus meiner Sicht ist die Übernahme Twitters durch Elon Musk nicht mal die Spitze des Eisbergs, sondern nur ein riesengroßes Symptom dessen was seit wenigstens 15 Jahren im Internet vor sich geht. Das Internet wird kaputt reguliert, es wird zentralisiert, es wird fast komplett aus Werbung und teuren Abos finanziert, baut auf unfreier und im Zweifel schädlicher Software auf und seine Zukunft obliegt am Ende dem Wohlwollen und den Plänen einzelner, sehr reicher Personen oder großer Konzerne und Staaten und seine Nutzer begreifen im Großen und Ganzen nicht was ihnen genommen wird. Dabei könnte das Internet noch immer die Utopie sein bzw. werden, die man sich gerade in seinen Anfangstagen erträumt hat.
An dieser Stelle, stelle ich drei Fragen in den Raum, um mein Anliegen und meine Argumente nicht zu sehr durcheinander zu werfen.
1. Warum ist dann der bloße Wechsel zu Mastodon oder einem anderen Anbieter zu kurz gedacht?
2. Warum ist der Kampf um Twitter als Ort zu kurz gedacht?
3. Warum lassen wir die Zerstörung des Internets zu?
Die erste und die zweite Frage lassen sich fast gleich beantworten: Es ist zu kurz gedacht, weil es um das Internet als solches geht. Klar, wir können jetzt alle zu Mastodon wechseln und das wäre in der Tat ein kleiner Fortschritt, weil es immerhin dezentral ist, du kannst selbst hosten und es gibt weder Ki noch Werbung, die dich dahingehend beeinflussen was du denkst, fühlst oder siehst. Aber am Ende des Tages werden sich auch hier früher oder später Unternehmen einnisten und politische Akteure werden ihren Weg finden um auch hier einen Vorteil in der Aufmerksamkeitsökonomie zu erlangen. Einen weiteren und entscheidenden Punkt spreche ich bei der Beantwortung von Frage 3 an.
Warum nicht um Twitter kämpfen? Weil Twitter immer nur Mittel zum Zweck war. Twitter hat es uns ermöglicht viele Menschen auf einmal zu erreichen und vielen dabei vor allem zu Anfang ein wohliges Gefühl der Bestätigung gegeben. Und das ist genau die Gefahr. Twitter ist Crack. Es macht süchtig, pumpt dein Ego auf und gaukelt dir eine Wichtigkeit vor, die du nicht hast. Und dafür wirst du zur Ware gemacht. Und wenn dann sowas passiert wie jetzt liegen Millionen von Daten und ein riesengroßer Teil der Medienlandschaft mit einem Schlag in den Händen eines narzisstischen Milliardärs. Und das bedeutet Macht. Es ist heute nicht mehr wichtig wer etwas sagen darf. Jeder darf etwas sagen. Es ist eine Frage dessen wer gehört, gelesen und gesehen wird. Seiten wie Twitter haben die Macht zu bestimmen welche Themen, auf welche Weise öffentlich diskutiert werden.
In einer Welt in der Menschen Informationen vor allem konsumieren wollen, am besten leicht bekömmlich, mit wenig Aufmerksamkeitsspanne und viel Dopaminausschüttung, in der wir lieber teilen was Influencer, die uns eine Identifikationsfläche bieten, über die wir uns besser und wichtiger fühlen können, uns zu sagen haben als selbst die Werkzeuge der Emanzipation in die Hand zu nehmen und die Macht unseres Denkens und unserer Worte auch zu nutzen, ist das brandgefährlich.
Und deshalb geht es nicht um Twitter an sich. Es geht um Systeme, es geht um Macht und darum dass die freie Rede nicht durch Aufmerksamkeitsoligopole zu einer unwichtigen Kleinigkeit werden darf.
Und damit wären wir bei Frage 3: Warum lassen wir das zu? Weil wir bequem sind und die Stöckchen nehmen, die uns hingeworfen werden. Würde es uns primär um Informationen gehen, darum selbst zu denken, Sachverhalte im Detail zu verstehen und Lösungen zu finden, dann wäre das Internet ein richtig cooler Ort.
Stell dir vor, dir schickt jemand einen Artikel, dem du nicht zustimmst. Auf Seiten wie Twitter passiert dann oft folgendes. Du liest die Headline, du liest vielleicht noch die Zusammenfassung, aber sehr selten den gesamten Artikel und dann veröffentlichst du einen einzelnen Tweet oder vielleicht einen Thread. Und selbst wenn du den Artikel gelesen hast, geht es danach zumeist nicht um Debatte, sondern es geht um Bestätigung.
Ein Thread, ein paar Likes, ein bisschen kollektiv aufregen, vielleicht ein paar Memes, die man irgendwann wieder rausholt und in spätestens einer Woche ist die Sache wieder vergessen. Kein wirklicher Mehrwert, niemand hat seine Meinung geändert, es wurde wenig bis nichts gelernt, niemand ist als Mensch weiter gekommen. Die Website mit dem Artikel hat an allen Klicks verdient, Twitter hat daran verdient, dass Leute auf der Seite bleiben nur um allen zu zeigen wie scheiße sie irgendwas finden. Und das hat Twitter auch ganz wie geplant hinbekommen, denn der Artikel wurde dir nicht zufällig in die Timeline gespült, du hast nicht zufällig auf den jeweiligen Hashtag geklickt, sondern deine Interessen und dein Verhalten wurden lange ausgewertet und die statistische Wahrscheinlichkeit, dass dich das so richtig triggert, wurde erfolgreich genutzt um dich auf der Seite zu halten und Streit anzufangen.
Jetzt stell dir mal vor, du würdest das nicht tun. Stell dir mal vor, du würdest stattdessen den Artikel in Ruhe lesen, würdest davon ausgehen, dass der Autor kein schlechter Mensch ist, du würdest Standpunkte recherchieren, du würdest dir Notizen machen, Quellen prüfen, deine Meinung unter den Aspekten der Bedeutung für dein persönliches Leben, die Menschen um die es im Artikel geht und für die Gesellschaft abwägen, statt beim scheißen einen Tweet zu veröffentlichen, würdest du auf deiner eigenen Website einen Artikel dazu schreiben, in dem alle Quellen verlinkt sind, der Ergebnis- und Gesprächsoffen formuliert ist. Und statt dem Autor des Artikels vor deinen 500 Followern rein zu drücken was für ein Idiot er ist, würdest du ihm deinen Beitrag zum Thema per Mail schicken und ihm höflich mitteilen, dass du das Thema auch sehr interessant findest, aber leider einige Punkte anders siehst als er, ob er vielleicht Lust hätte in einen Austausch zu treten. Und dann könnt Ihr Schreiben, ein Jitsi Meeting abhalten oder euch treffen. Wenn Ihr miteinander gesprochen habt, könntet Ihr euch einig sein oder sagen „Agree to disagree“ statt euch anzuschreien und am Ende gegenseitig zu blocken. Und weil das alles so ein großer Aufwand war, würdet Ihr nochmal etwas zum Thema schreiben. Und nicht nur Ihr, sondern auch alle Menschen, die mitlesen hätten die Chance an eurem Austausch zu wachsen und zu lernen und zumindest Ihr zwei würdet euch sehr wahrscheinlich auch in einem halben Jahr noch erinnern.
Und jetzt sagst du:“Ja, aber was soll das denn bitte für ein Aufwand sein?“ - Ja, und das ist der Punkt. Dafür ist es dir nicht wichtig genug. Aber vielleicht ist etwas das du alsbald wieder vergessen hast, das dich primär ärgert und jemand anderen gleich mit auch einfach nicht die Aufregung wert. Vielleicht sollte man dann auch einfach mal die Fresse halten.
Und nein, das ist keine Aufforderung die Fresse zu halten. Das ist eine Aufforderung sich klar zu machen, dass du die Möglichkeiten zur Recherche und zum weltweiten Austauscht hast und, dass das die große Stärke und Chance des Internets ist! Du kannst unzählige Bibliotheken auf archive.org durchsuchen, in der Wikipedia lesen, das Wissen der Welt aus der library Genesis ziehen, deine eigene Website hosten, deine eigene Software entwickeln und vom Code anderer lernen, du kannst deinen eigenen Videoserver hosten oder auf denen anderer veröffentlichen, du kannst dich über Videochat unterhalten, du kannst quasi alles kollektiv über Torrents tauschen, du kannst theoretisch ohne den Einfluss von Regierungen, ohne Autoritäten, ohne die Grenzen von Ländern, Geschlechtern oder kulturellen Normen mit Menschen auf der ganzen Welt in Austausch treten, du kannst dich vernetzen um gemeinsam freie Hardware mit anderen zu entwickeln, du kannst dir die Kunst anderer anschauen und Freude daran haben, du kannst mit VR Brillen Museen am anderen Ende der Welt besuchen und das ist bisher einmalig in der Geschichte der Menschheit. Und diese riesige Chance sollte nicht von einzelnen Seiten oder Menschen abhängen. Sie sollte frei, offen und dezentral gestaltet sein, beherzigt das.